
Eine Partitur lesen und verstehen
Eine Partitur kann auf den ersten Blick überwältigend wirken – eine scheinbar endlose Anzahl von Linien, Noten und Symbolen. Mit ein bisschen Wissen wird es aber leichter, sich in einer Partitur zurecht zu finden. In diesem Artikel lernst du, wie eine Partitur aufgebaut ist und wie du sie lesen kannst.
Was ist eine Partitur?
Eine Partitur ist im Wesentlichen ein Plan, der alle Stimmen eines musikalischen Stücks übersichtlich darstellt. Jede Instrumentengruppe erhält ihren eigenen Platz, und alle gleichzeitig erklingenden Töne werden übereinander notiert. So entsteht ein visuelles Abbild dessen, was das Orchester oder der Chor in einem Stück aufführt.
Systeme
Alle Instrumente, die mitspielen, werden untereinander notiert. Jedes Instrument bekommt ein eigenes System, es gibt ein eigenes für die Flöten, ein eigenes für die Celli usw. (System: die fünf Notenlinien):
Gleichzeitig erklingende Töne werden in der Partitur übereinander notiert:
Gruppen und Stimmlagen
Die einzelnen bzw. Instrumente werden in bestimmte Gruppen eingeteilt und in der Partitur angeordnet.
Gruppen werden durch eine große, eckige Gruppenklammer zusammengefasst (auch Chorklammer oder Balkenklammer genannt; Balkenklammer, da sie Balkenstärke hat). Zu einer Gruppe gehören Instrumente mit gleicher Tonerzeugung, zum Beispiel die Holzblasinstrumente Flöten, Oboen, Klarinetten und Fagotti:
Die einzelnen Lagen bzw. Systeme gleicher Instrumente werden durch eine Akkoladenklammer (geschweifte Klammer) zur Akkoladde zusammen gefasst; das siehst du hier gut bei den Violinen: es gibt nicht nur eine Stimme für die Violine, sondern gleich zwei. Ein typisches Beispiel ist auch das Klavier, für das es meistens ein System für den Violinschlüssel und ein System für den Bassschlüssel gibt.
In einer Chorpartitur steht unten die Bassstimme, darüber der Tenor, darüber der Alt und oben der Sopran. ist eine Stimmlage nochmal geteilt, z. B. in Sopran I und Sopran II, dann steht Sopran I über Sopran II. Ähnlich ist es im Streichquartett: unten das Cello als tiefste Stimme, darüber Viola und Violine II und Violine I.
Die unterste Gruppe bilden in der Orchesterpartitur die Streicher:
- Violine fast immer geteilt in Violine I und Violine II
- Bratsche (Viola)
- Violoncello
- Kontrabass
Innerhalb einer Gruppe sind die Instrumente nach Stimmlage von hoch (oben) nach tief (unten) angeordnet. Die Violine steht also in der Streichergruppe ganz oben.
Über den Streichern steht das Schlagwerk:
In diesem Beispiel sind das nur Pauken.
Schlagzeug ohne bestimmte Tonhöhe wird auf einer einzelnen Linie notiert.
Darüber stehen die Blechbläser:
- Hörner
- Trompeten
- Posaunen
- Tuba
Innerhalb einer Gruppe sind die Instrumente nach Stimmlage von hoch (oben) nach tief (unten) angeordnet. Eigentlich müssten in der Gruppe der Blechbläser also eigentlich die Trompeten oben stehen. Da gibt es aber eine Ausnahme, denn oben stehen die Hörner. Sie klingen eigentlich zwischen Trompeten und Posaunen, sind aber klanglich auch den Holzbläsern (der Gruppe direkt darüber) nahe. Darum werden sie direkt unter diesen notiert und stehen deshalb in der Blechbläsergruppe ganz oben und damit über den Trompeten. Außerdem spielen die Trompeten und Posaunen häufiger mit dem Schlagwerk zusammen. Da ergibt es also Sinn, diese Instrumente ebenfalls nah beieinander zu notieren.
Diese Anordnungen sind aber nicht immer gleich, zum Beispiel liegen bei Komponisten wie Reger, Schostakowitsch und Prokofjew die Hörner unter den Trompeten.
Über der Gruppe der Blechbläser stehen die Holzbläser:
- Flöten
- Oboen
- Klarinetten
- Fagotte
Weitere wichtige Informationen:
- Der Taktstrich ist i. d. Regel am Anfang von oben nach unten komplett durchgezogen, dann innerhalb der Gruppen. Davon gibt es allerdings häufig Abweichungen: In Chorpartituren wird der Taktstrich zwischen den Systemen unterbrochen, da zwischen den Systemen Text notiert wird.
- Singstimmen werden über den Streichern eingeschoben.
- Solisten und Harfe stehen ebenfalls direkt über den Streichern.
- Transponierende Instrumente:
Bei transponierenden Instrumenten klingen die gespielten Töne höher oder tiefer als notiert.
Bei einem Stück in d-Moll steht die Klarinette mit einem # notiert in e-Moll, es klingt aber d-Moll. Zum Beispiel klingt ein auf der Trompete in B notiertes C tatsächlich wie ein B. Sie klingt also eine Sekunde tiefer als notiert; man schreibt ein c, der Trompeter greift ein c, aber es klingt ein b. Eine Partitur in B-Dur sieht also für die Trompetenstimme kein Vorzeichen vor; die Stimme ist also einen Ganzton nach oben transponiert, so dass die Trompete richtig klingt. Die Trompete in D klingt eine Sekunde höher als notiert. In einem Stück in D-Dur wird die Trompete in D in C notiert, erklingt aber in D-Dur.
Bei der Klarinette in B klingt ein aufgeschriebenes E tatsächlich wie ein D. Sie klingt Sekunde tiefer als notiert.
Die „Grundstimmung“ gibt an, in welchem Abstand zum Referenzton c das Instrument spielt. Eine Trompete in B spielt also ein C und es klingt ein B.
Transponierende Instrumente sind i. d. R. Horn, Trompete, Klarinette. Häufig ist die Angabe statt in B, C, etc. mit Solmination, also Do, Re,…
Hörner werden in der Regel in F notiert.
Trompeten werden in der Regel in C oder B notiert.
Klarinetten werden in der Regel in B notiert.
Wie du die Grundstimmung transponierender Instrumente anhand der Generalvorzeichnung bestimmst, lernst du in der Anleitung "Töne von transponierenden Instrumenten lesen". Dort haben wir auch Übungen für dich bereitgestellt.
- Kontrabässe werden mit einem Bassschlüssel notiert: ihre Stimme sieht oft genau so aus wie die der Celli, klingt aber eine Oktave tiefer; häufig spielen sie sogar aus der selben Stimme
- Die Viola wird im Altschlüssel notiert
- das ist ein C-Schlüssel, der c1 auf der 3. Linie festlegt
- sie ist kein transponierendes Instrument, der Altschlüssel passt nur besser zum Tonumfang der Viola
- sie hat also die selben Vorzeichen wie die Grundtonart des Werkes, allerdings werden die Vorzeichen einen Ton tiefer als im Violinschlüssel notiert
- Lesen des Altschlüssel: Ton einen Ton nach oben denken und dann eine Oktave nach unten
Achtung: Es gibt Abweichungen vom oben vorgestellten Aufbau einer Partitur. Manchmal gibt es eine eckige Klammer, die alle Instrumente umfasst, Akkoladenklammer und Gruppenklammer werden gelegentlich verwechselt, manchmal weggelassen usw. Manche Komponisten weichen auch von der typischen Anordnung der Gruppen ab (z. B. Wagner in verschiedenen Fällen). Davon solltest du dich aber nicht beunruhigen lassen. Mit ein wenig Übung erkennst du Abweichungen sofort. Fürs Klavier werden zwei Systeme notiert, Hörner transponierend aufgeschrieben, eine Singstimme hat einen Text und ungestimmtes Schlagwerk nur eine Linie. Das sind nur ein paar Beispiele für typische Eigenarten der Instrumente, die dir Hinweise geben!